Legenden der Schattenjäger-Akademie (2) by Cassandra Clare Robin Wasserman

Autor:Cassandra Clare, Robin Wasserman [Cassandra Clare, Robin Wasserman]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: ARENA Verlag
veröffentlicht: 2015-07-18T16:00:00+00:00

Die Straße war noch genau so, wie er sie in Erinnerung hatte – und dennoch vollkommen verändert. Vielleicht war er selbst aber auch vollkommen verändert und hatte nach zehn Monaten in Idris die Geräusche und Gerüche des modernen Stadtlebens vergessen: das anhaltende leise Sirren der Stromleitungen, der dichte Dunst der Autoabgase, das Hupen von Lastern, der allgegenwärtige Taubendreck und die Müllhaufen, die sechzehn Jahre lang zu seinem Alltag gehört hatten.

Vielleicht lag es aber auch daran, dass er nun in der Lage war, Zauberglanz zu durchschauen, und die Nixen im Gowanuskanal sehen konnte.

Dies war sein Zuhause und gleichzeitig auch nicht mehr. Simon verspürte das gleiche Gefühl von Desorientierung wie damals, als er im Spätsommer aus dem Ferienlager in den Bergen nach Brooklyn zurückgekehrt war und ohne das Zirpen der Grillen und Jake Grossbergs Schnarchen aus dem oberen Etagenbett nicht hatte einschlafen können. Vermutlich ahnte man erst beim Heimkommen, wie sehr ein Tapetenwechsel einen veränderte.

»Alle Mann herhören!«, brüllte Scarsbury, als auch der letzte Schüler das Portal passiert hatte. Die Gruppe stand vor einem verfallenen Fabrikgebäude, dessen Mauern mit Graffiti übersät waren und dessen Fenster man mit Brettern vernagelt hatte.

Marisol räusperte sich vernehmlich, woraufhin Scarsbury seufzte. »Alle Männer und Frauen herhören! Im Inneren dieses Gebäudes versteckt sich eine Vampirin, die gegen den Bündnisvertrag verstoßen und mehrere Irdische getötet hat. Euer Auftrag besteht darin, sie aufzuspüren und zu exekutieren. Und ich schlage vor, dass ihr das noch vor Sonnenuntergang erledigt.«

»Sollten die Vampire nicht die Möglichkeit haben, diese Angelegenheit selbst zu regeln?«, fragte Simon. Der Codex hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass die Schattenweltler sich selbst verwalten durften. Simon fragte sich, ob das auch beinhaltete, dass mutmaßlich abtrünnige Vampire vor ein Gericht gestellt wurden, bevor man sie hinrichtete.

Was mache ich hier eigentlich?, wunderte er sich – schließlich glaubte er doch nicht mal an die Todesstrafe.

»Nicht, dass es dich etwas anginge«, erwiderte Scarsbury, »aber ihr Clan hat diese Aufgabe an uns weitergegeben, damit ihr Kinder endlich etwas Blut an eure Hände bekommt. Betrachtet es einfach als ein Geschenk der Vampire.«

Nur mit dem Unterschied, dass es sich keineswegs um ein »es« handelte, dachte Simon.

»Dura lex sed lex«, murmelte George neben ihm mit unbehaglicher Miene, als versuchte er, sich selbst zu überzeugen.

»Es sind zwanzig von euch gegen eine einzige Vampirin«, fuhr Scarsbury fort, »und für den Fall, dass selbst dieses Verhältnis euch noch überfordern sollte, werden erfahrene Schattenjäger die gesamte Aktion überwachen und eingreifen, wenn ihr die Sache vermurkst. Ihr werdet sie zwar nicht zu sehen bekommen, aber sie haben euch genau im Blick und passen auf, dass euch nichts zustößt. Höchstwahrscheinlich. Und falls irgendeiner von euch den unwiderstehlichen Drang verspürt, sich aus dem Staub machen zu wollen, dann denkt an das, was ihr gelernt habt: Feigheit hat ihren Preis.«

Als sie im strahlenden Sonnenschein auf dem Gehweg standen, kam Simon der Auftrag mehr als unfair vor: Zwanzig Schattenjägerschüler, alle bis an die Zähne bewaffnet, gegen eine Vampirin, die im Gebäude durch Stahlwände und Sonnenlicht eingesperrt war.

Doch im Inneren der alten Fabrik, in der Dunkelheit, in der man hinter

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